„Ich bleibe der Kita treu“
Bei Ausbildungsstart träumten Sie davon, Vielfalt zu vermitteln. Dazu gehört u.a. auch der offene Umgang mit Homosexualität und dass Sie Frau und Kind haben. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?
Ich bin von Anfang an offen mit meiner Familienkonstellation umgegangen, und für die Kinder war es dadurch auch kaum verwunderlich, wenn ich von meiner Frau und meiner Tochter erzählt habe. Schwerer fiel es mir bei einigen Eltern, vor allem wenn ich schon das Vorwissen hatte, dass sie sehr konservativ eingestellt sind. Ich habe aber bei vielen Gelegenheiten und Situationen – ein Vater wollte mal beim Sommerfest seinen Söhnen verbieten, sich mit Tiermasken schminken zu lassen, weil das „Mädelskram“ sei – Unterstützung und Rückendeckung von meinen Kolleginnen erhalten.
Sie wollten Ihre Aufmerksamkeit auf eine gender-neutrale Erziehung richten. Wie sieht es im Kita-Alltag aus mit dem Rollenverhalten der Kinder? Konnten Sie für Ihren Ansatz Unterstützung in Schule und Kita finden?
Ja, wir zeigen den Kindern, dass bestimmte Farben nicht „nur Mädchen“ tragen usw. Insgesamt sind die Kinder in unserer Einrichtung aber auch nicht so sehr fokussiert auf diese künstliche Unterscheidung der Geschlechter. Auch weil das Personal sensibel auf diese Dinge reagiert.
War die Ausbildung familienfreundlich?
Nicht immer. Abends bis 20 Uhr Schule in Schöneweide und alle 14 Tage Dienstberatung bis 18 Uhr waren nicht immer einfach einzurichten von mir. Aber so ist das, auch im normalen Berufsalltag musst du als Eltern von Kleinkindern Abstriche machen.
Was waren die Höhen und was waren die Tiefen Ihrer Ausbildung?
Die Zeit ist so schnell vergangen, dass diese Frage schwer zu beantworten ist. Ein Hoch ist jeder Tag, an dem ich gute Leistung abliefere und dankbar bin für diese Chance, die Ausbildung machen und nochmal durchstarten zu können. Tiefen gab es immer dann, wenn mal etwas schief gegangen ist, oder wenn ich auf Arbeit nicht ganz bei der Sache war, weil die Schule mit ihren Leistungsanforderungen (Hausarbeiten, Referate, Klausuren) mich besonders gefordert hat.
Wie wird es für Sie nach der Prüfung weitergehen?
Ich bleibe meinem Arbeitsfeld Kita treu und werde mir wohnortnah einen schönen Arbeitsplatz suchen.
Ihr Resümee? Fühlt sich der Weg immer noch richtig an, den Sie gewählt haben? Würden Sie ihn noch einmal gehen? Oder was würden Sie anders machen?
Es fühlt sich absolut richtig an und ich bin sehr glücklich mit meinem Weg. Ich bin gespannt, wo mich dieser Weg noch hinführt. Ich arbeite mit Kindern, die mir jeden Tag so viel geben, dass sich meine Arbeit jeden Tag lohnt. Jeden Tag lernen die Kinder von mir und ich lerne von ihnen. Das ist genau das, was ich mir für mein Leben gewünscht habe. Es ist ein Geschenk, diesen Job machen zu können.
Damals im Interview wählten Sie das Wort „glücklich“. Welches Wort würden Sie nun, fast am Ende der Ausbildung, wählen?
„Aufmerksam bleiben.“ Für die leisen und lauten Töne, die kleinen und großen Fortschritte, die kleinen Menschen und den Einfluss, den mein Tun und Sagen auf sie und auf ihre Entwicklung hat.
* Im Rahmen des ESF-Bundesmodellprogramms „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in den Jahren 2015 bis 2020 bundesweit Projekte aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), die für die besondere Zielgruppe der Berufswechslerinnen und Berufswechsler erwachsenengerechte und geschlechtersensible Ausbildungsmöglichkeiten zur/zum staatlich anerkannten Erzieherin/Erzieher schaffen oder weiterentwickeln. Im Programm werden die Fachschülerinnen und Fachschüler parallel zu ihrer Ausbildung in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis in einer Kita beschäftigt und erhalten eine angemessene Vergütung.