03.11.2019

MEHR Menschen in Kitas!

Aus der Sicht von Christoph Schwamborn, Projektleiter der ESF-Servicestellen, ist das Thema MEHR Männer in Kitas durch den insgesamt hohen Fachkräftebedarf in der Priorität nach unten gerutscht.

Foto: privat.

Darf ich mich vorstellen?

Ich bin Christoph Schwamborn, Projektleiter der ESF-Servicestellen im Auftrag des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) sowie der Regiestelle FBBE.
In der aktuellen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) setzt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mehrere ESF-Programme um, u. a. auch „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“.

Die Stiftung SPI war in der abgelaufenen ESF-Förderperiode (bis 2013) auch schon für die fachlich-inhaltliche Begleitung des ESF-Programms „MEHR Männer in Kitas“ zuständig. Darüber hinaus setzt die Stiftung SPI im Rahmen der Regiestelle Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) das Programm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ um.

Wir haben in den letzten Jahren im Rahmen des Themenfelds „Männer in Kitas“ in Kontakt gestanden. Wie hat sich das Themenfeld in den letzten Jahren entwickelt?

Als eine durch das BMFSFJ beauftragte programmumsetzende Stelle von ESF-Förderprogrammen ist man in der Regel kein Spezialist für bestimmte Fragestellungen, sondern muss die gesamten ESF-Themenfelder, wie der Zugang zur Beschäftigung und des beruflichen Aufstiegs, die Bekämpfung von Armut und jeglicher Diskriminierung sowie die allgemeine und berufliche Bildung und das lebenslange Lernen fachlich-inhaltlich abdecken.

Die Fragestellungen im Programm „MEHR Männer in Kitas“ und „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ waren bzw. sind mir jedoch von Beginn an sehr präsent, da die Ausbildung zur/zum Erzieher*in für das Land Berlin ein Aufgabenfeld der Stiftung SPI ist. Im Land Berlin wird, im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern, schon seit längerer Zeit auf die berufsbegleitende Ausbildung gesetzt und in diesem Ausbildungssegment ist der Männeranteil im Vergleich zur vollschulischen Ausbildung traditionell immer schon sehr viel höher.

Sicherlich hatten bzw. haben Erzieher in diesem Berufsfeld auch in Berlin Herausforderungen zu bestehen, allerdings nicht in der Komplexität, wie in den Bundesländern, in denen ausschließlich eine vollzeitschulische Ausbildung angeboten wurde und Männer eher „Exoten“ darstellen. Diese überregionale Sichtweise wurde insbesondere durch die Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ in die Programmumsetzung eingebracht und durch die Koordinationsstelle „Chance Quereinstieg“ fortgeführt.
Durch den großen Fachkräftebedarf in dem Berufsfeld Erzieher*in ist die Frage, wie MEHR Männer in dieses Berufsfeld gelangen, natürlich nicht überflüssig, allerdings als Einzelthema nicht mehr so sichtbar. Heute geht es schlicht um die Frage, MEHR Menschen für dieses Berufsfeld zu interessieren.

Was waren aus Ihrer Sicht in diesem Zeitraum einschneidende Impulse, die Sie mit dem Themenfeld verbinden?

Während „MEHR Männer in Kitas“ als Strukturprogramm ausgerichtet war, wurden mit dem Nachfolgeprogramm „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ Personen direkt in der berufsbegleitenden Ausbildung zur/m Erzieher*in gefördert. An dieser Ausbildungsform kann die Dynamik in diesem Feld sehr gut aufgezeigt werden. Während sich bei „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ nicht alle Bundesländer beteiligten, ist dies in dem aktuell aufgelegten Programm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ sehr wohl der Fall.

Ein Grund liegt einerseits in dem hohen Fachkräftebedarf sowie den dynamischen Entwicklungen der berufsbegleitenden Ausbildung zur/m Erzieher*in in den Bundesländern. Andererseits wurde dieser Prozess aber auch durch die direkte Ansprache der Koordinationsstelle „Chance Quereinstieg“ an alle Bundesländer sowie die durchgeführten Veranstaltungen befördert. Die Programmerfahrungen aus „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ waren zudem eine gute Grundlage für einen erfolgreichen Start der Fachkräfteoffensive.

Das Feld der Frühen Bildung ist, wie gesagt, zurzeit voller Dynamik – sei es in der Bezahlung der Erzieher*innen, den inhaltlichen Themen wie Sprachbildung, Inklusion bzw. Zusammenarbeit mit Familien oder der Ausgestaltung des Lernorts Praxis. Insbesondere in der Ausgestaltung des Lernorts Praxis befinden sich, mit der Freistellung der Praxisanleitung, viele Bundesländer auf dem richtigen Weg.

Was braucht es künftig für das Themenfeld „Männer in Kitas“?

Wie oben schon beschrieben, ist aus meiner Sicht das Thema MEHR Männer in Kitas durch den insgesamt hohen Fachkräftebedarf in der Priorität nach unten gerutscht. Zudem steigt der Männeranteil, bedingt durch den höheren Anteil der berufsbegleitenden bzw. praxisintegrierten vergüteten Ausbildungsform. So wird der Anteil der Männer in diesem Programmbereich der Fachkräfteoffensive bei fast 20 % liegen.

Aus meiner Sicht liegt eine aktuelle Herausforderung darin, den Blick zu erweitern und alle „neuen“ Gruppen, die für den Beruf der Erzieher*in begeistert werden, tätigkeitsbegleitend in dem pädagogischen Alltag der Kindertagesbetreuung zu unterstützen. Dies gilt für Männer genauso wie z. B. für neuzugewanderte Menschen, die wir dringend in der Kindertagesbetreuung brauchen, aber ebenfalls vor vielen Herausforderungen stehen.