08.11.2018

Studie „Was kommt nach dem Berufsstart“

Ein Viertel der Nachwuchskräfte verlässt innerhalb der ersten fünf Berufsjahre das Arbeitsfeld Kita.

Copyright: Koordinationsstelle "Chance Quereinstieg/Männer in Kitas".

Das ist bekannt: In Kitas, Kindergärten, Krippen und in der Grundschulbetreuung herrscht Fachkräftemangel. Laut einer Prognose des Deutschen Jugendinstituts benötigen die Einrichtungen bis zum Jahr 2025 bis zu 329.000 zusätzliche pädagogische Fachkräfte.

Das Problem liegt nicht allein daran, dass nicht genug Fachkräfte für die Ausbildung gewonnen werden können, denn das Ausbildungssystem der Frühen Bildung ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. 2014/15 begannen deutschlandweit 43% mehr Personen eine Ausbildung in dem Bereich als noch 2007/08. Bei den Erzieher/innen waren es sogar 71%. Gründe dafür sind die Erschließung neuer Zielgruppen wie Quereinsteigende, Männer, Ältere sowie Menschen mit Migrationshintergrund. Gerade die berufsbegleitende und vergütete Ausbildung für Erzieher/innen ist für Menschen mit Familie und Verpflichtungen, ein Anreiz, die Ausbildung aufzunehmen.

Doch was passiert nach der Ausbildung? Da entscheiden sich die Fachkräfte gegen den Kita-Bereich oder verbleiben langfristig nicht in den Einrichtungen oder im Beruf. Das legt die aktuelle Studie „Was kommt nach dem Berufsstart?“ unter Herausgeberschaft von Kirsten Fuchs-Rechlin und Ivo Züchner nahe.

Berufsstart und dann?

Aufbauend auf den Ergebnissen des BMBF-Forschungsprojekts „Übergang von fachschul- und hochschulausgebildeten Fachkräften in den Arbeitsmarkt“ (ÜFA), für die Erzieher/innen sowie Kindheitspädagog/innen in der Zeit von 2011 bis 2016 im Rahmen einer quantitativen Längsschnittstudie befragt wurden, gingen Fuchs-Rechlin und Züchner für ihre Studie u.a. folgender Frage nach: Wie platzieren sich Erzieher/innen sowie Kindheitspädagog/innen kurz- und mittelfristig auf dem Arbeitsmarkt? Neben der Auswertung der quantitativen Befragung flossen auch die Ergebnisse einer qualitativen Vertiefungsbefragung in die Studie von Fuchs-Rechlin und Züchner mit ein.

Die Analysen zeigen zunächst einen vergleichsweise gelungenen Ersteinstieg, aber lässt sich die Erfolgsgeschichte des Berufsstarts weiter fortsetzen? Nein, ist die Antwort der Forschenden: Die Tätigkeit in Kitas muss attraktiver werden, insbesondere wenn hochqualifizierte Kräfte dort langfristig gehalten werden sollen, fordern sie.

Kita nicht immer erste Wahl

Die erste Herausforderung sehen sie darin, die Fachkräfte für den Kita-Bereich zu begeistern. Denn am Ende ihrer Ausbildung gaben lediglich 54% der Erzieher/innen an, in der Kindertagesbetreuung arbeiten zu wollen. Sie bevorzugten andere pädagogische Arbeitsfelder, für die die Fachschulen für Sozialpädagogik ausbilden. Bei den Kindheitspädagog/innen mit Hochschulstudium lag der Anteil mit Wunschberuf Kita sogar nur bei 33%. Aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation nahmen jedoch 68% aller Befragten ihren ersten Job in einer Kita auf.

Nachwuchskräfte werden unterhalb ihrer Qualifikation bezahlt

Knapp 20% der befragten Erzieher/innen wurden nach dem Berufseinstieg unterhalb des in Tarifverträgen vorgesehenen Gehalts ihrer Berufsgruppe bezahlt. Selbst nach vier bis fünf Jahren traf dies noch auf 7 % der Erzieher/innen zu. Die an Hochschulen ausgebildeten Kindheitspädagog/innen hingegen erreichten höhere Einstiegsgehälter. Allerdings wurden nur knapp 10% der Absolvent/innen ohne vorangegangene Erzieher/innenausbildung und knapp 30% der Kindheitspädagog/innen mit einer solchen Ausbildung in Tarifstufen eingruppiert, die angewandte wissenschaftliche Kenntnisse honorieren. Nach vier bis fünf Jahren erreichten dies immerhin gut 40 beziehungsweise knapp 60% der Kindheitspädagog/innen.

Befristung und mangelnde Karrierewege

Neben geringen Einstiegsgehälter und niedrigen Löhnen spielten auch Befristungen und mangelnde Karrierewege eine Rolle für die Unzufriedenheit der befragten Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung. Ungünstige Arbeitsbedingungen wie vor allem fehlende Einarbeitung sowie Konflikte im Team oder mit der Leitung kamen hinzu. Dabei waren bei den Teilnehmenden der Studie vor allem qualitative Merkmale der Tätigkeit ausschlaggebend für einen Wechsel.

So bemängelten die Befragten beispielsweise auch fehlende Möglichkeiten, professionelle Vorstellungen auch gegen etablierte Praktiken erfahrener Kolleg/innen umzusetzen. „Konflikte lösen die jungen Fachkräfte über Stellenwechsel, die nicht selten aus dem Arbeitsfeld herausführen“, so Fuchs-Rechlin und Züchner.

Häufige Stellenwechsel und Abwanderung in andere Arbeitsfelder

Die Konsequenz ist, dass knapp ein Drittel der Befragten in den ersten fünf Jahren nach dem Berufsstart mindestens einmal die Stelle gewechselt hatte. Fast ein Viertel der Nachwuchskräfte verließ in diesem Zeitraum das Arbeitsfeld Kita ganz. Darunter deutlich mehr studierte Kindheitspädagog/innen als Erzieher/innen. Allerdings – so schränken die Autor/innen ihren Befund ein – geben die Daten keine Auskunft darüber, inwieweit die Fachkräfte dauerhaft oder nur temporär (z.B. aufgrund von Erziehungszeiten) aus dem Arbeitsfeld Kindertageseinrichtung aussteigen.

„So gehen wichtige Ressourcen verloren“, bilanzieren die Forschenden. Um das Arbeitsfeld Kita weiterzuentwickeln, müssten deshalb auch Teamentwicklung und Teambildung in den Fokus von Politik und Trägern rücken.

Kirsten Fuchs-Rechlin/Ivo Züchner (Hrsg.): Was kommt nach dem Berufsstart?

Die Studie kann kostenlos bestellt werden:

https://www.weiterbildungsinitiative.de/publikationen/details/data/was-kommt-nach-dem-berufsstart/?L=0