03.11.2019

Die Arbeit in den Kitas sieht heute ganz anders aus

Dagmar Trüpschuch, Journalistin (und ganz früher mal Erzieherin) hat im Rahmen ihrer Berichterstattung viele Kitas besucht. Sie war beeindruckt von der Arbeit, die dort geleistet wird.

Foto: privat.

Darf ich mich vorstellen?

Mein Name ist Dagmar Trüpschuch. Seit 2016 unterstütze ich als freie Mitarbeiterin die Koordinationsstelle bei der Erstellung der Newsletter. Ich führe Interviews und fahre auch schon mal in die Kita vor Ort, um eine Reportage zu schreiben. Ich bin freie Journalistin und schreibe für verschiedene Medien über Berufe, Bildung, digitalen Wandel. Aber irgendwann, vor langer, langer Zeit, habe ich die vierjährige Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin gemacht.

Als Journalistin waren Sie in den letzten Jahren oft für die Koordinationsstelle unterwegs, haben auf Veranstaltungen, am Telefon oder auch vor Ort Stimmen eingefangen und so unsere Newsletter mit Interviews und Reportagen bereichert. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle erlebt?

Ich arbeite sehr gerne für die Koordinationsstelle. Primär habe ich mit Sandra Schulte und Isabelle Azrak zu tun. Beide sind immer freundlich, immer lustig, immer zuverlässig – und vor allen Dingen immer kompetent. Ich erinnere mich gerade an eines unserer ersten Meetings – als ich noch einen guten Eindruck machen wollte –, zu dem ich aber mit einer Stunde Verspätung ankam. Ab S-Bahnhof Karlshorst nahm ich mit dem Rad eine Abkürzung. Mein erster Hilferuf kam aus einer Gartenkolonie, in die ich mich verirrt hatte. Geschickt lotsten sie mich auf den rechten Weg zurück – und empfingen mich mit Kaffee und Keksen.

An welches Erlebnis mit der Koordinationsstelle „Chance Quereinstieg / Männer in Kitas“ denken Sie gerne zurück?

Alle Veranstaltungen hatten ihren eigenen Flair. Besonders gut hat mir jedoch das Barcamp gefallen. Ein Format, das ich bis dahin nicht kannte. Am Abend vor dem Camp waren wir alle gemeinsam essen – mit allen Teilnehmer*innen. Ich fand die bunte Mischung an Menschen, die hier zusammenkam und einen geselligen Abend miteinander verbrachte, sehr gelungen – und anregend. Mit einer Teilnehmerin hatte ich noch einige Zeit nach dem Barcamp persönlichen Kontakt, auch nachdem sie ihre Ausbildung abgebrochen hatte. Schade, denn sie war eine von den sehr engagierten Quereinsteigerinnen. Ihre Begründung? Sie liebte Kinder – und wollte sich durch ihre Arbeit und die anstrengende Ausbildung nicht die unbeschwerte Freude am Umgang mit ihnen verderben. Sie war überfordert, Ausbildung, Schule, Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen.

Inwieweit sind Sie mit den Inhalten und Themen der Koordinationsstelle vertraut bzw. wie stehen Sie zu den Inhalten und Themen der Koordinationsstelle?

Ich persönlich finde es tragisch, dass die Koordinationsstelle ihre Arbeit nicht fortsetzen kann. Sie hat einen Stein ins Rollen gebracht, indem sie gesellschaftlich relevante Themen auf den Tisch bringt.

Ich, die ich Kitas aus lange zurückliegenden Zeiten kenne und somit auch noch andere Strukturen, war sehr begeistert zu sehen, wie offen und tolerant heute einige Einrichtungen mit Themen wie Männer in Kitas, geschlechterbewusster Pädagogik, klischeefreie Vielfalt und Quereinstieg umgehen oder bereit sind, sich damit auseinanderzusetzen. Ich würde mir wünschen, dass diese Arbeit fortgesetzt werden könnte, um auch wirklich ALLE Kitas zu erreichen.

Ich danke der Koordinationsstelle für die spannende Zeit, für die vielen wichtigen und interessanten Themen, die ich bearbeiten durfte. Beim Thema „Klischeefreie Vielfalt in Kitas“ ist mir das Herz aufgegangen. Ich durfte viele Kitas besuchen und ich war beeindruckt, mit welchem Engagement sich die Erzieher*innen für die Individualität der Kinder und die Freiheit, sie zu leben, einsetzen. Ich war fast ein wenig wehmütig und dachte, dass ich meinen Beruf damals nicht an den Nagel gehängt hätte, wenn ich so hätte arbeiten dürfen. Ich habe aufgehört als Erzieherin zu arbeiten, weil ich mein Leben nicht in der Kita im Stuhlkreis verbringen wollte und für Jugendarbeit selbst noch zu jung war. Die Arbeit in den Kitas sieht heute ganz anders aus, ist gesellschaftspolitischer geworden. Und das ist wichtiger denn je.

Denn das Wissen um und Toleranz von vielfältigen Lebensmodellen brauchen wir gerade in politisch so schwierigen Zeiten wie heute. Der Samen dafür muss schon in der Krippe gelegt werden. Denn die Kleinsten von heute sind die Meinungsmacher*innen von morgen. Die Koordinationsstelle hat das Thema in die öffentliche Diskussion gebracht. Ich finde es ist jedoch zu früh, die gerade angefachten Gespräche wieder zu beenden.