27.10.2016

Kindern mit klassischen Mitteln Partizipation ermöglichen Expertise zu einer inklusiven Pädagogik in der Kita


Fast alle Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt besuchen in Deutschland eine Kita. Als Bildungsorte gewinnen die Einrichtungen daher an Bedeutung, auch bei der Aufgabe, Chancengerechtigkeit in einer heterogenen Gesellschaft zu gestalten. Doch was bedeutet Bildungsteilhabe in der Kita und wie können junge Kinder dort Einfluss nehmen? Die Erziehungswissenschaftlerin und Inklusions-Expertin Annedore Prengel ist im Auftrag der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) diesen Fragen nachgegangen. In ihrer soeben veröffentlichten Publikation „Bildungsteilhabe und Partizipation in der Kita“ zeigt sie die Ergebnisse ihrer Analysen sowie Bausteine für eine inklusive Pädagogik und Partizipation im Elementarbereich auf.

Politikbezogenes Partizipationskonzept kritisch beleuchtet

Oft wird Partizipation in Kindertageseinrichtungen mit dem frühen Einüben demokratischer Entscheidungsprozesse in Verbindung gebracht: Verfahrensweisen aus der Politik erscheinen auf den ersten Blick geradezu prädestiniert dafür. Doch inwiefern eignen sich Gremienstrukturen tatsächlich, Partizipation in Kindertageseinrichtungen anzuregen? Diese Frage beleuchtet die emeritierte Professorin Annedore Prengel in ihrer Expertise kritisch. Ihr zufolge sind solche Partizipationsmodelle zwar originell, bergen aber unter anderem das Risiko, das Thema „Macht“ dauerhaft in den Fokus zu rücken.

Elementare Partizipationsformen stärker berücksichtigen

Gerade die elementaren Partizipationsformen würden hingegen oft unterschätzt, betont Prengel, sei es das Freispiel, die Freiarbeit, das Liedspiel oder auch das Kreisgespräch. Zentral ist bei diesen partizipativen, oft reformpädagogisch geprägten Praktiken die Entscheidungsfreiheit: über Spiele, die Auswahl des Materials, die gewählte Rolle sowie den Gesprächsbeitrag. Diese sind „in ihrer teilweise bestechenden Einfachheit klassisch zu nennen“, wie Prengel schreibt. Sie zu vernachlässigen, wäre ein großer „Verlust im pädagogisch-kulturellen Gedächtnis“.

Die Expertise beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes Partizipationskonzept, sondern stellt verschiedene Formen der Partizipation in Kindertageseinrichtungen vor. Bei aller Vielfalt ist ihnen eines gemeinsam: Damit sie Früchte tragen, müssen drei kinderrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein – Schutz vor allen Formen der Gewalt, Zugang zu einem Bildungsangebot und Teilhabe.

Bausteine für inklusive Pädagogik und Partizipation

Davon ausgehend benennt Prengel in ihrer Expertise fünf Bausteine für inklusive Pädagogik und Partizipation im Elementarbereich, die miteinander verwoben sind:

  • die institutionelle Ebene, die beispielsweise externe Kooperationen sowie interne Gestaltung, etwa in Form einer demokratischen Kita-Ordnung, umfasst
  • die professionelle Ebene, auf der multiprofessionelle Teams kontinuierlich den partizipativen Ansatz der Einrichtung pflegen
  • die Beziehungsebene, auf der jedes Kind die Chance hat, Beziehungen zu einer Kita-Fachkraft und zu anderen Kindern einzugehen und zu pflegen
  • die didaktische Ebene, die obligatorisches und fakultatives Lernen sowie eine alltagsnah beobachtende Diagnostik umfasst
  • die finanzielle und bildungspolitische Ebene, die vor allem die personelle Versorgung und Ausstattung sowie die Förderung partizipativer Strukturen und professioneller Kompetenzen betrifft
Über Publikation und Autorin

Prengel, Annedore (2016): Bildungsteilhabe und Partizipation in Kindertageseinrichtungen, Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Expertisen, Band 47. München.

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In einem Video erklärt die Autorin, was Teilhabe und Partizipation in der Kita bedeuten und welche unterschiedlichen Formen Partizipation annehmen kann.

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Quelle: Pressemitteilung WIFF 25.10.2016